#14 Blogbeitrag aus dem Adventskalender 2020
In Zeiten, in denen zur Primetime im Fernsehen LUSTverprechende Adventskalender feilgeboten werden, kann einem schon mal der Gedanke kommen, dass mit lumanaa die Pferde durchgegangen sind und wir auf den „sex-sells-Zug“ aufgesprungen sind. Schließlich kann man auch Berater*innen stundenweise buchen und die Zeiten sind schlecht für diese Gilde … aber jetzt genug der Schlüpfrig- und Zweideutigkeiten. Wir sind ja schließlich nicht die größte deutsche Tageszeitung, dass wir solche Schlagzeilen bräuchten, um zu wirken.
Bevor Sie anfangen, nervös über Ihre Schulter zu schauen, weil jemand mitlesen könnte, löse ich das Rätsel auf. Die morgendliche Stehung ist genau das, was das Wort sagt: Eine Stehrunde und kein Sitzkreis, kein "Abhängen" oder "Chillen". Es ist ein Zusammenstehen mit den Kolleg*innen, in angenehmer Atmosphäre. Ein Abgleich, ein gezielter Austausch und ja, vielleicht sogar mit einem Käffchen in der Hand. Aber es ist eben so viel mehr als ein Kaffeeklatsch, denn es ist pure Effizienz in Bezug auf eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste Thema im Unternehmen – die Kommunikation!
Oft hörte ich früher meinen Vater mit seiner sonoren Stimme im Spaß sagen: „Früher war alles besser, auch die Zukunft!” Wir haben dann immer herzlich gelacht und ich habe immer geantwortet: „Genieße das Hier und Jetzt, denn es wird die gute alte Zeit sein, die du später loben wirst und die du dir zurücksehnen wirst.” Aber was hat sich eigentlich verändert? Betrachten wir zuerst einmal die Umwelt, rund um ein Unternehmen.
In einer Zeit, in der wir viel dazu beigetragen haben, sozial zu verarmen, weil wir Essenbringdienste nutzen, statt mit Freund*innen zu kochen, weil wir „soziale” Medien haben, bei denen kein persönliches Treffen mehr notwendig ist, weil wir streamen, statt ins Kino zu gehen, wir nach links oder rechts wischen, statt zum Jagen auszugehen – soll ich weitermachen?
In diesen Zeiten ist ein Gespräch unter Kolleg*innen selten geworden und deshalb viel mehr wert als „vor Corona”, als es noch normal und an der Tagesordnung war, face-to-face miteinander zu sprechen. Echte soziale Interaktion, durch die man neben der Notwendigkeit des Informationsaustausches auch das menschliche Grundbedürfnis nach Gemeinschaft erfüllt hat.
Zum Beispiel die Zeit, die für die Produktion oder in Projekten gebraucht wurde, wird stundengenau geplant und dann absurd genau erfasst. Die Fehlertoleranz ist dabei gleich Null und der Stresslevel unendlich hoch. Denn durch den immensen Kosten- und Zeitdruck, der durch globalen Wettbewerb und globale Produktionsstätten entstanden ist, fehlt jeder Spielraum für Irrtum und Toleranz. Wir haben keine Zeit mehr. Es gibt Click-Worker (Programmierer*innen, die irgendwo in der Welt sitzen), von denen alle 10 Sekunden ein Foto gemacht wird, damit sie nachweisen können, dass sie auch wirklich am Rechner arbeiten. Der Leistungsdruck ist so stark geworden, dass Burn-out den guten alten Rücken als Krankheitsbild Nummer Eins abgelöst hat.
Ein guter Bekannter (und ehemaliger Produktionsleiter) hat es mir nach seiner ungewollten Auszeit so beschrieben: „Weißt du, ich war getrieben, ich hatte keine Zeit mehr, für nichts. Ich war immer hinter den Terminen, war immer nicht gut genug, für mich sah das Hamsterrad wie eine Karriereleiter aus, ich musste immer schneller werden, bis ich rausgeflogen bin.”
Sprechen Sie in der Morgenrunde über: