Fachkräftemangel ist gerade wirklich in aller Munde: Egal wo ich Unternehmer:innen oder Entscheider:innen treffe, beruflich oder privat, stehen die Suche nach geeigneten Fachkräften oder der Umgang mit dem Verlassen von Leistungsträger:innen ganz oben auf der Tagesordnung. Es scheint, dass gerade jedes Unternehmen am eigenen Leib erfährt, was es heißt, Fachkräfte zu verlieren oder kaum noch Bewerbungen für ausgeschriebene Stellen zu erhalten. Wer über diese Entwicklung nachdenkt, kommt nicht umhin über Arbeitsbedingungen, Unsicherheiten in manchen Branchen oder auch das Image bestimmter Berufe zu sprechen. Genau hier liegt die große Chance für Employer Branding. Wer seine Unternehmensmarke gut pflegt, die eigenen Werte und den Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herausstellt, hat oft den entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern oder auch Unternehmen anderer Branchen.
Fakt ist: Die Gruppe der Bewerber:innen wird kleiner, weil es weniger Kandidat:innen gibt. Umso wichtiger ist es, dass ich die richtigen Bewerberinnen und Bewerber gezielt anspreche und davon überzeuge, dass sie in meinem Unternehmen genau ihre Bedürfnisse erfüllen, sich einbringen und weiterentwickeln können. Ich zeige, wer ich als Arbeitgeber:in bin und welche Werte mich antreiben. Genau das meinen wir, wenn wir davon sprechen, eine Arbeitgeber-Marke aufzubauen. Wer sich von dieser dann angesprochen fühlt, passt zum Unternehmen, weil er oder sie zum Beispiel meine Werte teilt. So sind die Chancen viel größer, dass ich genau die Bewerber:innen anspreche, die meine konkreten Anforderungen tatsächlich erfüllen, zu meinem Unternehmen passen und langfristig bleiben.
Denn eines ist klar: Der Bewerbermarkt hat sich gedreht. Gerade gut ausgebildete Fachkräfte müssen von uns als Unternehmen umworben werden. Personalmangel entwickelt sich vor allem im Mittelstand zum gefährlichen Wachstumshemmer. Das liegt nicht nur am Fachkräftemangel, sondern auch daran, dass Unternehmen mit ihren Entwicklungschancen zu wenig sichtbar werden.
Die gute Nachricht: 30-50% der Angestellten sind wechselwillig, aber nur 15-20% suchen aktiv. Die Kernfrage ist also, wie ich die übrigen potenziellen Interessent:innen erreiche? Wie mache ich mich als Unternehmen sichtbar genug, damit genau die Menschen, die noch nicht aktiv suchen und am Wochenende oder abends Jobportale durchforsten, auf mich als potenziell interessanten Arbeitgeber aufmerksam werden?
Eine Unternehmensmarke hat immer zwei Seiten: eine, die nach außen wirkt und der Positionierung als Produzent:in oder Lieferant:in dient und die andere, die stärker nach innen wirkt und mich als Arbeitgeber:in positioniert. Diese steht für das Markenversprechen an meine aktuellen, aber auch an zukünftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wir sprechen hier bewusst von den zwei Seiten der Unternehmensmarke. Denn wichtig ist, dass diese die gleiche Sprache sprechen – wie zwei Seiten einer Medaille. Egal, ob ich potenzielle Kund:innen ansprechen möchte oder potenzielle Mitarbeiter:innen suche, es geht darum, mich als Unternehmen so herauszuputzen, dass ich attraktiver erscheine als meine Mitbewerber:innen. Und auch hier gilt: Attraktivität liegt im Auge des Betrachters oder der Betrachterin und nicht für jeden sind die gleichen Dinge ausschlaggebend. Am Ende zählt aber natürlich für beide Seiten, dass Sie halten, was Sie versprechen.
Ganz formal wissen Sie natürlich, wen Sie suchen. Wie soll die Bewerbung eines Bewerbers oder einer Bewerberin aussehen? Was soll darin enthalten sein? Welche Ausbildung, Qualifikation oder Vorerfahrung sind für die Stelle erforderlich?
Was Sie aber bisher vielleicht noch nicht wissen, ist, mit welchen Erwartungen sich potenzielle Mitarbeiter:innen bei Ihnen bewerben. Was möchten diese über Ihr Unternehmen erfahren? Was ist gerade jungen Menschen wichtig, wenn Sie sich für einen neuen Arbeitgeber entscheiden? Geld und Status allein sind es nicht mehr, Sinnhaftigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten spielen eine größere Rolle. Durchhalten und Leistung bringen sind nicht mehr der alleinige Fokus für das Arbeitsleben. Engagierte Mitarbeiter:innen wollen wertschätzendes Feedback für ihre Arbeit. Denn die „richtige“ Arbeit ist weiter hoch im Kurs, aber nicht um den Preis, gegen die innere Werte-Haltung agieren zu müssen. Um eine solche Position bei einem Unternehmen zu finden, dessen Werte und Haltung sie teilen, sind insbesondere junge Menschen bereit, sogar Abstriche beim Gehalt zu machen, nicht aber bei Entwicklungs- und Erfahrungsmöglichkeiten. Die Generation Y ist auf der Suche nach einer Arbeitsumgebung, in der sie sinnstiftend und werteorientiert arbeiten kann, die so auch ihnen selbst und ihrem Fortkommen nutzt.
Um diese Vorstellungen zu treffen, empfehlen wir, eine sogenannte Employer Value Proposition zu formulieren. Der entscheidende erste Schritt auf dem Weg dorthin ist, Eigen- und Fremd-Wahrnehmung miteinander abzugleichen. Geschäftsführung und Personalabteilung haben oft sehr klare Vorstellungen, wie das Unternehmen sich als Arbeitgeber:in positioniert. Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob Ihre Mitarbeitenden diese Einschätzung teilen? Und wie Ihre Kund:innen Ihr Unternehmen wahrnehmen?
1. Schritt: Was finden Ihre Mitarbeitenden an Ihrem Unternehmen gut, was finden sie schlecht?Über diese Fragen können Sie Ihr Eigenbild mit dem Fremdbild, also dem Bild Ihrer Mitarbeitenden und Kund:innen abgleichen, und sich damit Schritt für Schritt der Employer Value Proposition nähern. So entsteht ein sehr vielschichtiges Eigenbild, das Sie gezielt nach außen kommunizieren können.
Idealerweise beantwortet sie die typischen Fragen, die Bewerber:innen an ein Unternehmen haben, oft aber nicht so konkret formulieren. Sie suchen
Die Employer Value Propostion, kurz EVP, ist der Kern des Employer Branding. Er liefert die Antwort auf die Frage nach dem WHY? Was ist der SINN hinter meiner Arbeit? Dieses WHY ist verankert in der Vision, passt zu Ihrem Markenversprechen und ist somit relevant für Ihre Zielgruppen. Es wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelebt und empfunden und differenziert Sie so von Ihren Mitbewerber:innen.
Je genauer Sie wissen, wer Sie sind, desto klarer können Sie Ihre Stärken, aber auch Ihre Schwächen kommunizieren. Wenn Sie beispielsweise als eher kleines Unternehmen nicht so hohe Gehälter zahlen können wie manche Mitbewerber:innen, muss das nicht das entscheidende Kriterium für Interessent:innen sein. Vielleicht bieten Sie viel größere Freiräume, tolle Fortbildungen oder besonders flexible Arbeitszeiten? All das können Argumente sein, dass sich Bewerber:innen für Ihr Unternehmen und eben nicht für das mit dem höchsten Gehalt entscheiden.
Um genau diese Menschen zu finden, reicht es nicht mehr, auf einem Kanal nach neuen Mitarbeiter:innen zu suchen, z.B. ganz klassisch eine Stellenanzeige zu schalten. Gerade Mittelständler kommen nicht mehr umhin, sich auf mehreren Kanälen sichtbar zu machen. Bevor Sie aber entscheiden können, welche Kanäle am erfolgversprechendsten sind, ist es wichtig, dass Sie sich darüber klar werden, welche Persönlichkeiten Sie genau suchen und welche Kompetenzen diese mitbringen sollen. Auf welchen Kanälen sind Ihre potenziellen Kandidat:innen unterwegs? Auf diesen Kanälen müssen Sie sich zeigen und sichtbar machen.
Aktivitäten z.B. in sozialen Netzwerken können ein Weg zu mehr Sichtbarkeit sein, denn hier bauen Sie sich Netzwerke über Ihr eigenes Unternehmen hinaus auf, können Sie ausführlicher und mit sehr konkreten Beispielen über eigene Produkte oder Dienstleistungen, aber auch Themen, die Ihnen am Herzen liegen, berichten und sich in Ihrem Netzwerk darüber austauschen. So werden Sie nicht nur für potenzielle Kund:innen, sondern gerade auch für potenzielle Bewerber:innen viel besser greifbar und damit sichtbarer und attraktiver für genau die Menschen, die Ihre Interessen und Werte teilen.
Gleiches gilt für die gesuchten Kompetenzen: Je konkreter Sie diese beschreiben können, desto weniger Interpretationsspielraum überlassen Sie den Bewerber:innen. Was verbirgt sich zum Beispiel hinter der geradezu floskelhaft verwendeten „Kommunikationsstärke in Führungspositionen“ in vielen Stellenanzeigen? Redegewandtheit, Präsentationskompetenz oder Zugehen auf Mitarbeitende? Wenn Ihnen als Unternehmen wichtig ist, dass eine Führungskraft integrativ und Mitarbeiter-orientiert kommuniziert, dann sollten Sie genau das in die entsprechende Stellenanzeige oder in entsprechende Postings auf Ihren Kanälen schreiben!
Das Ziel muss sein, unabhängig von der Position im Unternehmen, die richtigen Persönlichkeiten anzuziehen. Fachliche Schulungen lassen sich immer nachschieben, falls der Person bestimmte Qualifikationen fehlen sollten. Sich fachlich weiterzuentwickeln, bereitet den meisten in aller Regel Freude, das Mindset und die eigenen Überzeugungen wird aber niemand für einen Job über Bord werfen. Deshalb ist es existenziell für Unternehmen, die richtigen und zu Ihnen und Ihrem Unternehmen passenden Persönlichkeiten zu finden. Welche Kompetenzen Sie darüber hinaus als Arbeitgeber:in an der konkret zu besetzenden Stelle wirklich brauchen, können Sie mithilfe des Employer Branding Canvas erarbeiten, da in der folgenden Wissensdusche thematisiert wird: