Agilitätsaffine Menschen haben Glück - ihre Arbeitspräferenzen (wie Offenheit für Neues, flexible Arbeitsweise und starke Mitgestaltungsmotivation) decken sich weitestgehend mit den virtuellen Arbeitsbedingungen. Auch bei hohen Anforderungen empfinden sie den leistungssteigernden Eustress (positiver Stress) und Flow.
Ganz anders ist es für die stabilitätsorientierten Menschen: Sie geraten viel schneller unter Stress und fühlen sich belastet, weil die agilen Arbeitsbedingungen teilweise gegen ihre persönlichen Arbeitspräferenzen (wie Orientierung am Bewährten, Klarheit und feste Planbarkeit in den Prozessen) stehen. Menschen nehmen ihre Umwelt und sich selbst also nicht auf die gleiche Art und Weise wahr: sie kommunizieren uneinheitlich, organisieren ihr Leben und ihre Aufgaben spezifisch, bewältigen Lebenslast auf eigene Weise.
Angst entsteht oft dann, wenn neue Herausforderungen als nicht bewältigbar von den Betroffenen erlebt werden, aber nicht vermieden werden können, weil gleichzeitig eine (meist als extern empfundene) Notwendigkeit der Auseinandersetzung damit besteht (wie beispielsweise jetzt in der Pandemie). Dann wird diese Herausforderung zum Dauerstressthema, dem sich die Person hilflos gegenüberstehend sieht. Die sichtbaren Stresssymptome, die eigentlich Angstsymptome sind, fallen wiederum ganz individuell aus, wie z.B. Gereiztheit, Überempfindlichkeit, Schuldzuweisungen, Ausreden, betonte Lässigkeit… sie münden aber alle früher oder später in Vermeidungsverhalten. Vertriebler*innen verkriechen sich im Homeoffice und fahren nicht mehr raus zu den Kund*innen, vereinbarte Arbeitsaufträge werden verschleppt oder ihr Beginn immer wieder verschoben, Führungskräfte fangen an, ihre Mitarbeitenden engmaschig zu überwachen, reißen jede Entscheidung an sich oder verschleppen Entscheidungen, weil sie sich vorher absichern müssen...
Vermeidungsverhalten ist zwar immer erst einmal der Versuch von uns Menschen, die Kontrolle im Sinne von Selbstwirksamkeit zurückzugewinnen. Indem ich aber versuche, angstauslösende (überfordernde) Situationen nur darüber zu meistern, indem ich ihnen aus dem Weg gehe, überzeuge ich mich „dummerweise“ gleichzeitig selbst davon, dass dies die einzige Lösungsmöglichkeit ist, die mir zur Verfügung steht. Ein Teufelskreis entsteht, der meine angstauslösenden Überzeugungen und meine Angstgefühle wie in einer Abwärtsspirale verstärkt und damit festigt.
Das Beste ist, zunächst einmal für mich persönlich und in der Rolle als Führungskraft mit Blick auf meine Mannschaft dafür zu sorgen, dass chronische Überforderungssituationen gar nicht erst auftreten. Ein geringer individueller Stresslevel ist dafür eine gute Basis. Es klingt im ersten Moment trivial, aber mal ehrlich: Sorgen Sie selbst dafür, dass Ihr eigener Stresslevel gering bleibt, z.B. indem Sie
Die Weihnachtsfeiertage sind eine gute Gelegenheit zur Reflektion, für Sich-Zeit-nehmen für die eigenen Bedürfnisse und zum Resümieren, ob Sie dieses Jahr gut für sich selbst gesorgt haben. Wenn ja, bitte weiter so! Wenn nein, dann ergänzen Sie doch einfach zwei persönliche Stress-Prophylaxe-Ziele zu Ihren Leistungszielen für 2022.
Neben der Fähigkeit, seinen eigenen Stresslevel im optimalen Leistungsbereich (Eustress) zu halten, werden die Selbstmanagementkompetenzen aller im Team immer wichtiger. Um gerade in größeren Teams konzentriert in online-Meetings am Thema zu bleiben, braucht es eine gute Struktur sowie Moderation, klare Regeln und eine konsequente Selbstverpflichtung jedes Teammitgliedes, diese auch einzuhalten. Denn das Ablenkungspotenzial (parallel reinkommender Mails, Telefonanrufe, der Postbote, der klingelt…) ist um ein Vielfaches höher als in Präsenzmeetings. Klare Prozesse, Regeln und Strukturen schaffen nicht nur Sicherheit und Planbarkeit für „stabilitätsorientierte“ Mitarbeitende, sondern legitimieren auch, dass sich jedes Teammitglied gegenüber Ansprüchen ständiger Erreichbarkeit abgrenzen und die zunehmende Verschränkung von Berufs- und Privatleben individuell für sich definieren kann.
In virtuellen Arbeitsmeetings dominiert meist die Sachebene. Zeitlich terminierte „Check-ins“ und „Check-outs“ am Beginn und Ende des Meetings, helfen zwar, die Teammitglieder emotional etwas abzuholen und für akute Themen Zuständigkeiten und ggfs. bilaterale Klärungsgespräche zu vereinbaren. Diese kurzen persönlichen Spotlights reichen aber nicht aus, um die Beziehungsebene im Team zu pflegen. Es braucht dafür hybride Arbeitsmodelle mit zusätzlichen virtuellen Räumen (Kaffeeküchen, Feierabend-Ausklänge, online-Office-Tage, an denen man sich immer wieder über die eigenen Arbeitsfortschritte informiert…), aber auch mit regelmäßigen Präsenzangeboten wie Office Days, Team-Events… sowie eine angstfreie Unternehmenskultur, die Offenheit, Vertrauen, Kommunikation, Zuhören und gemeinsame Erlebnisse fördert. Führungskräfte müssen als Vorbild voran gehen, aber es ist auch Aufgabe aller im Team, aufeinander achtzugeben, immer wieder aufeinander zuzugehen, es Wert zu schätzen, dass es unterschiedliche Denk- und Handlungsmuster gibt und diese für bessere Ergebnisse zu nutzen, sich Hilfe und Unterstützung zu holen sowie diese auch anderen zu geben.
Sie wollen wissen, wie stressfrei Sie sich in agilen Arbeitsumfeldern bewegen? Egal ob im Team oder als Einzelperson, mit dem Agile Quick Check lässt sich ganz schnell eine Aussage treffen.