Paula Bemmann-Wöschler Dec 23, 2022 6:30:00 AM Lesezeit 1 Minute

Mit Entschleunigung kraftvoll durchstarten

Ich fahre mit Vollgas im vierten Gang. Denn ich bin im Hochleistungsmodus, gut drauf und muss schnell vorankommen. Jahresendspurt, da kann ich mir keine Verzögerung mehr leisten! Nebenher bemerke ich, dass es steiler wird. Macht nichts. Ich gebe noch mehr Gas. Aber der Berg wird immer steiler. Ich vergesse runterzuschalten und plötzlich verreckt mein Auto mitten am steilsten Stück. Und es kommt noch schlimmer. Ich rolle plötzlich rückwärts und hinter mir sind ganz viele andere Autos, die ebenfalls schnell vorankommen wollen und nun gezwungenermaßen auch rückwärts rollen müssen. Zum Glück sind alle so umsichtig und machen mir Platz. Noch einmal gut gegangen! Nichts passiert. Keinen Unfall gebaut. Zum Glück! Es dauert eine Weile, bis ich realisiere, dass es nur ein Traum war!

Aber der Traum hallt nach. Jetzt habe ich zwei Möglichkeiten: Ich interpretiere meinen Traum einfach als zufällige Bilderaneinanderreihung, die bei der nächtlichen neuronalen Aufräumaktion in meinem Großhirn entstanden sind und gebe ihnen keine weiterführende Bedeutung. Dann hat das auch keinerlei Konsequenzen für mein Verhalten im Alltag. Ich kann weiter machen wie bisher. Das passiert mir auch öfter, vor allem dann, wenn nur Rudimente vom Traum im Gedächtnis bleiben oder ein vages Gefühl. Dann habe ich spätestens unter der Dusche alles „vergessen“. Dieses Mal nicht. Ich kann mich an jedes einzelne Bild erinnern und an die Gefühle dazu: mit Hochdruck unterwegs sein und nicht so ganz präsent auf den Verkehr und die Umgebung achtend; Erstaunen, dass plötzlich nicht mehr funktioniert, was mich eben noch vorangebracht hat; kurze Panik als alles stoppte; Angst, dass ich gleich eine Massenkarambolage verursache und große Erleichterung, dass noch einmal alles gut gegangen ist. Und wenn ich jetzt die andere Option wähle, dass sich in meinem Traum ein kleiner Spalt geöffnet und ich damit für einen Moment einen Zugang zu meinem Unterbewusstsein bekommen habe, das symbolisch ein Muster meiner letzten Monate abgebildet hat, dann kann ich ihm eine Bedeutung geben, z.B. als Fingerzeig: „Schalte mal einen Gang runter!“.

Und welche Zeit eignet sich da besser als die Zeit zwischen Weihnachten (ab Mitternacht des 24. Dezembers) und dem 6. Januar (Dreikönige) – auch Rauhnächte genannt. Sie sollen magisch sein, zumindest waren in früheren Jahrhunderten die Menschen davon überzeugt. Sie zelebrierten den Jahreswechsel viel ritualisierter als wir heute und maßen diesen 12 Tagen und Nächten eine besondere Bedeutung zu. Dadurch schafften sie sich selbst eine besondere „Aus“-Zeit. Mit vielen Ritualen und Rauchwerk, deshalb Rauchnächte und später Rauhnächte, versuchten sie, an jedem Tag offen zu sein, für ein bestimmtes Thema und folgten einer Dramaturgie, die Coaches heute noch nutzen, wenn es um Neuausrichtung und persönliche Zielfokussierung geht. Ich versuche mal eine Übersetzung in die heutige Zeit:

  • Zurückschauen (Was war gut und soll bleiben? Was war schlecht oder möchte ich im neuen Jahr auf keinen Fall wieder haben?),

  • Entschleunigen (Zeit nehmen, um wieder spüren zu können, was einen selbst bewegt: alles kann, nichts muss.),

  • Verbindung mit den inneren Stimmen und der inneren Führung herstellen (jeder Mensch hat mindestens eine innere Stimme, oft zwei: Teufelchen und Engelchen, meist sogar ein ganzes Team – ein Blick auf sein inneres Team und alle Stimmen mal zu Wort kommen lassen, lohnt sich besonders in Situationen, in denen eine Entscheidung schwer zu fällen ist),

  • Sich öffnen für die eigenen Herzensthemen (Was will ich? Was macht mich glücklich? Wunderfrage: Wenn heute Nacht ein Wunder geschieht und am Morgen jegliche Zwänge fehlen, was wäre anders in meinem Leben?),

  • Sich verabschieden/sich reinigen von belastenden Themen, Trauer oder altem Schmerz (Zu welchen Themen kann ich eine andere Sichtweise einnehmen? Was könnte das Gute am Schlechten für mich sein? Mit wem kann ich etwas klären, damit es mir nicht mehr nachhängt?)

  • Loslassen (Früher wurde dafür geräuchert, um das Schlechte zu vertreiben. Hilft manchmal heute noch – einfach ausprobieren. Loslassen hat für mich auch viel mit „Frieden schließen“ zu tun – Frage: Was hilft mir, damit ich eine Sache/einen Menschen so sein lassen kann wie es/er nun einmal ist?),

  • Vorbereiten auf das neue Jahr (Jetzt kommen endlich alle guten Vorsätze für das neue Jahr!)

  • Neu beginnen (ab heute mache ich es anders… konsequentes Umsetzen des Vorgenommenen),

  • Innere Führung stärken (Wie halte ich Kurs und was hilft mir, auf Kurs zu bleiben? Wie kann ich Ablenkungen widerstehen?),

  • Auf Balance achten (Wie sieht eine gute Balance für mich persönlich aus? Wie halte ich Maß? Auf was konzentriere ich meine Energie? Was lasse ich bleiben?),

  • Verabschieden und kleine Tode sterben (Was ist der Sinn meines Wirkens? Was ist wirklich wichtig? Was ist endgültig vorbei und begrabe ich?),

  • Aufbrechen und integrieren (Lebe ich meine Potenziale? Bin ich ein Wegweiser/Role Model für andere? Was habe ich verarbeitet, was will noch aufgearbeitet werden? Welche neuen Erkenntnisse nehme ich mit ins neue Jahr? Was braucht noch Zeit?)

Mir gefällt dieses Bild: Platz zu schaffen für Neues. Wie am Morgen unter der Dusche: Ich wasche den Schweiß des letzten Tages und der Nacht ab, genieße die Berührung des Wassers auf der Haut, pfeife oder summe eine Melodie, die mir im Kopf schwirrt und starte mit einem frischen Gefühl in den neuen Tag! Energetisch etwas ganz anderes, als an einem Tag, an dem ich zu spät aufstehe, mir kurz Wasser ins Gesicht spritze, in meine Klamotten springe und zur Tür hinaus hetze. Oder?

Ich wünsche uns allen die Muße, die Tage zwischen den Jahren wie eine guttuende erfrischende Dusche zu nutzen, indem wir den Schmutz und den Schweiß der Anstrengungen des Vorjahres bewusst abwaschen, dabei liebevoll die hinterlassenen Wunden der harten Arbeit an uns betrachten, die Verspannungen im eigenen Körper spüren und uns langsam unter dem warmen Wasserstrahl entspannen, die Berührung des Wassers dabei auf der Haut genießen, beginnen nach der inneren Stimme eine Melodie zu summen oder zu pfeifen, die trägt, und uns mit einem angewärmten, weichen Handtuch abtrocknen, um mit einem frischen, guten Gefühl, neuer Energie und Klarheit in das neue Jahr zu starten.

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