Christoph Dill May 19, 2021 1:13:14 PM Lesezeit 3 Minuten

UNTERNEHMENSKERN: ETWAS ZUR EIGENEN SACHE MACHEN.

Nicht nur wahre Schönheit, auch wahrer Erfolg kommt von innen. Wie sonst lässt sich erklären, dass in der Regel diejenigen Unternehmen am erfolgreichsten sind, die aus inneren Beweggründen heraus handeln.

Der rasante wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel stellt Unternehmen vor eine Zerreißprobe. Gut, wenn sie wissen, was sie dabei im Innersten zusammenhält. Wo lag ihr Ursprung? Und was bleibt übrig, wenn sich Geschäftsmodelle, Produkte, Serviceleistungen und, mit Blick auf die notwendig werdende Agilität, selbst die Organisationsformen laufend ändern? Dass die Antwort nicht leicht ist, zeigen schon die vielen Begriffe, die dabei ins Spiel kommen. Da ist von der Mission, dem allumgreifenden Unternehmenszweck, dem Spirit, der Identität, dem Fundament, der DNA oder dem Sinn die Rede. Sie alle verweisen auf den Kern des Unternehmens, auf das Wozu des unternehmerischen Schaffens, aus dem die handlungsleitenden Wertesysteme erwachsen und sich die jeweiligen Geschäftsfelder entwickeln.

Einen Kern zu haben, reicht allerdings nicht aus. Erst wenn der spezifische Kern eines Unternehmens im Bewusstsein ist, das Wozu in allen Handlungen sichtbar ist, die damit verbundenen Werte uneingeschränkt gelten und intern top-down gelebt werden, kann er seine Orientierung gebende, identitätsstiftende und, nicht zu vergessen, seine wirtschaftliche Kraft entfalten: Unternehmen, denen es gelingt, ihre inneren Beweggründe darin, was und wie sie es machen, zum Ausdruck zu bringen, zählen zu den kommerziell erfolgreichsten. Ein Beispiel ist Apple mit seinem Credo „Think different“ – „Denke das Andere“. Wer den Sinn seines Unternehmens dagegen allein in der Gewinnmaximierung sieht, lebt mittel- und langfristig gesehen gefährlich. Das Unternehmen wird austauschbar. Zukunft sichert, wer nicht weniger, sondern mehr eigenständiges Profil wagt.

Unternehmen arbeiten ökonomisch, sind ohne Frage auf Ertrag ausgerichtet. Aber wachsen um des Wachstums willen? Ständig höheren und schnelleren Profit machen, egal um welchen ökologischen oder gesellschaftlichen Preis? Das erscheint immer mehr Menschen fragwürdig. Diverse Unternehmer beziehen in dem Wozu ihres unternehmerischen Schaffens daher auch klar Position für das Gemeinwohl und machen es so zur eigenen Sache. Geld ist aus ihrer Sicht nicht alles. Als Vorreiter einer ökosozialen Transformation der Wirtschaft wollen sie hin zu einem ökonomischen Denken, das neben dem Ertrag soziale und ökologische Ziele verfolgt. Ansätze gibt es verschiedene. Zu den umfassendsten zählt Gunter Paulis Idee der Blue Economy. Der belgische Unternehmer tritt zum Schutz des blauen Planeten sowie der Menschen, die auf ihm leben, für eine nachhaltige Wirtschaft ein, die möglichst viele Arbeitsplätze schafft und durch das Angebot bezahlbarer Produkte soziale Ungleichheiten abbaut. Nach der wachstumsorientierten, auf Gewinnmaximierung ausgelegten roten Wirtschaft, der folgenden nachhaltigen grünen Ökonomie, deren Nutzen durch die Hochpreisigkeit der Produkte nur wenigen vorbehalten ist, sieht er in der blauen Wirtschaft die nächste Entwicklungsstufe. Ein weiteres ethisch ausgerichtetes Wirtschaftsmodell ist die Gemeinwohl-Ökonomie. Zu ihrer Förderung hat der Österreicher Christian Felber 2010 eine Initiative gegründet, die ihren Schwerpunkt im deutschsprachigen Raum hat und bereits von über 2.300 Unternehmen unterstützt wird. Darunter finden sich so namhafte Firmen wie der Outdoor-Ausrüster Vaude oder die Sparda-Bank München.

Es muss nicht gleich ein großer Entwurf dahinter stehen oder dogmatisch in Reinkultur umgesetzt werden, wenn Unternehmer Verantwortung für Mensch und Umwelt übernehmen. Der Metzger, der nur mit Landwirten arbeitet, deren Mastkälber artgerecht gehalten und nicht wie Milchkälber mangelernährt werden, gehört ebenso dazu wie der Mittelständler, der durch die Kooperation mit einer Schule für Lernbehinderte soziale Integration fördert. Ob global oder vor der Haustür, diese „anders“ Wirtschaftstreibenden zeigen Verantwortung nicht aus ökonomischem Kalkül, sondern weil sie es für richtig halten. Sie machen, was gemäß ihrem Selbstverständnis selbstverständlich ist.

Verbunden ist mit dieser Art des Wirtschaftens eine andere Definition von Erfolg, eine, die den monetären ebenso wie den gesellschaftlichen oder umweltbezogenen Gewinn in Rechnung stellt. In der Gemeinwohl-Bilanzierung schlagen beispielsweise der Umsatz, die Zahl der in Lohn und Brot gebrachten Menschen, der Beitrag zur wirtschaftlichen Stärkung der Region sowie die Nachhaltigkeit zu Buche.

Menschen sehnen sich in der extrem arbeitsteiligen, optionsreichen und unüberschaubaren Welt danach, zu wissen, wofür sie etwas tun. Sie fragen sich: Warum soll ich gerade hier arbeiten? Warum soll ich gerade dieses und nicht jenes Produkt kaufen? Unternehmen, die einen übergeordneten Sinn bzw. Unternehmenszweck verfolgen, entwickeln vor diesem Hintergrund enorme Anziehungs- und Bindungskräfte. Sie sprechen Kunden und Mitarbeiter nicht bloß als Käufer, Endverbraucher bzw. leistungsbringende Ressourcen an, sondern als ganze Menschen, die – wenn sie die Haltung und die Werte eines Unternehmens teilen – partizipieren, also mit ihren Mitteln zum Erfolg beitragen wollen.

Unternehmen, die sich in ihrem Wozu bestimmten Werten verpflichtet haben und die Führung daran orientieren, profitieren von hoher Arbeitgeberattraktivität, steigender Mitarbeitermotivation und sinkenden Fehlzeiten. Sie sind resilienter gegenüber Krisen und flexibler. Denn wenn alle wissen, um was es im Kern geht, erhöhen sich Entwicklungsfähigkeit und Agilität. Bezogen auf den Markt hat der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Philip Kotler für wertegetriebene Unternehmen den Begriff Marketing 3.0 geprägt. In dessen Mittelpunkt steht nicht mehr das Verkaufen von Produkten oder das Erfüllen individueller Konsumentenbedürfnisse, sondern letztendlich die mit Hilfe interaktiver digitaler Technologien katalysierte Verbesserung der Welt.

Wer mehr über den Kern seines Unternehmens erfahren will - hier ein tolles Werkzeug dazu: Mein Kollege Felix Pliester hat ein tollen "Messwerkzeug" auf Basis des  Spiral Dynamics Modells entwickelt. Hier gibt's mehr dazu:

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