Magnus Kandler Sep 20, 2024 11:07:23 AM Lesezeit 7 Minuten

Warum ChatGPT so einen Hype auslöst und was wir davon lernen können

"Ich habe Angst davor, dass KI meine Arbeit übernimmt und sie mich ersetzen wird."
 "Führungskräfte und Mitarbeitenden unterstützen nur ungern bei der KI-Einführung. Sie haben Angst, dass ihr Wissen verloren geht."
"Ich vertraue der KI nicht, ich kann das besser entscheiden. Solange ich nicht verstehe, wie die Entscheidung einer KI funktioniert, lasse ich das keine KI entscheiden."

Sind Ihnen solche Aussagen bei Ihren KI-Projekten häufig begegnet? Mir schon, besonders in meinen Forschungsprojekten und in Workshops zur Einführung von Künstlicher Intelligenz. Und heute?
Diese Aussagen werden glücklicherweise weniger. Warum? 

Weil wir mittlerweile weniger Schreckensszenarien, um den KI-Hype skizzieren. Zudem haben wir es geschafft, die Diskussion zu versachlichen und mit weniger Emotionen zu führen. KI wird zudem durch entsprechende Kompetenzzentren wie KARL und weitere Angebote wie Blogs, Podcasts und Wissensformate erlebbar. Trotzdem bleiben Bedenken. 

Heute lauten die Fragen öfter "Wie vermeide ich Fehlfunktionen und stelle einen sicheren Umgang der Mitarbeitenden mit der KI sicher?" oder "Wie kann ich die Mitarbeitenden einbeziehen, um die Akzeptanz für die neue KI-Technologie zu steigern?" Damit solche Fragen beantwortet werden können, ist es hilfreich zu verstehen, wie Akzeptanz entsteht.

Akzeptanz für eine neue Technologie hängt wesentlich von drei Faktoren statt: Das sind das Akzeptanzsubjekt (= wir Menschen), das Akzeptanzobjekt (= die organisatorische oder technologische Veränderung) und der Akzeptanzkontext (=das System, in dem das Objekt eingeführt wird). [Abel et al. 2019]

Akzeptanz-1

Die Faszination ChatGPT: 

Betrachtet man ChatGPT erkennt man eine KI, welche zumeist eine hohe Akzeptanz aufweist trotz der vielen disruptiven Eigenschaften. Grund hierfür sind letztendlich die meist positiv wahrgenommen Eigenschaften von ChatGPT (des Akzeptanzobjektes). Hierzu zählen die einfache Bedienbarkeit und Funktionsweise in Anlehnung an Chat-Programme und letztendlich die, auf den ersten Blick, sehr guten Ergebnisse. Insbesondere durch die Anlehnung an ein Chat-Programm wirkt es für die meisten Menschen vertraut, wodurch wir Akzeptanzsubjekte letztendlich dieser Faszination verfallen. ChatGPT lässt mit sich experimentieren, eine Eigenschaft, die vielen von uns sehr gut gefällt. Wir können es einfach mal ausprobieren und sind zugegebenermaßen erstaunt über die sehr guten Zusammenfassungen, die sehr gut formulierten Einladungen oder die gut geschriebenen Social Media Posts. Zudem sind viele von uns gerade äußerst neugierig, bezogen auf KI, und sind entsprechend experimentierfreudig. Exakt hier, kommt nun der Akzeptanzkontext zum Tragen: ChatGPT ist frei im Internet verfügbar, jeder kann es ausprobieren. Die Einstiegshürden sind gering und selbst die kleinsten Zeitungen berichten darüber. Kurzum: Jeder wird neugierig und möchte ChatGPT ausprobieren. Die Ergebnisse enttäuschen häufig nicht, vorausgesetzt die Bedienung ist richtig. Es gibt auch "Schattenseiten" von ChatGPT, wichtig ist es deshalb zu verstehen, wie eine KI funktioniert und wie sie entsprechend sinnvoll eingesetzt werden kann. Das ist Aufgabe von Kompetenzzentren, der Forschung und den Führungskräften: Interessierten aufzeigen, wie eine KI funktioniert, wie Entscheidungen getroffen werden und wie diese Entscheidungen zu interpretieren sind. Einen Einblick gibt hier unsere Wissensdusche. 

 

Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz

ChatGPT zeigt, dass die Akzeptanz für KI besonders im privaten Bereich groß ist, im beruflichen Kontext sieht dies häufig anders aus. Der Grund hierfür liegt im Akzeptanzkontext. Im privaten haben wir natürlich nicht die Angst ersetzt zu werden, die positiven Vorteile wie Zeitgewinn und Arbeitserleichterung überwiegen deutlich die negativen. Im beruflichen Kontext überwiegen Eigenschaften, wie die Unklarheit und Nicht-Nachvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidungen, Haftungsrisiken, aber auch die Möglichkeit zur Automatisierung und enormen Vereinfachung von Routinetätigkeiten. 
Diese negativen Eigenschaften stehen im Zusammenhang mit Ängsten und Sorgen der Mitarbeitenden und Führungskräften. Kennen wir diese Ängste und Sorgen, können wir diese bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz im Unternehmen positiv beeinflussen. Die Frage, die sich sicherlich viele stellen: Wie können wir die Akzeptanz von KI steigern, gerade in einem spezifischen Anwendungsfall? 

In einer Befragung von Führungskräften haben wir herausgefunden, dass besonders schon in den frühen Phasen eines KI-Projektes die Relevanz nach Akzeptanzmaßnahmen gegeben ist. In der unten stehenden Grafik erkennt man, dass bereits in der Analysephase die Wichtigkeit für Akzeptanzmaßnahmen sowie deren Nutzen als am größten eingeschätzt wird. Es lässt sich damit sagen, dass die Basis für eine hohe Akzeptanz von KI nicht während der Implementierung selbst, sondern bereits im Vorfeld gelegt wird.

Akzeptanz für KI während der Einführung

In so einer frühen Projekt-Phase können wir Akzeptanz durch eine gute Kommunikation und Erklärung zum geplanten Einsatz von KI im Unternehmen schaffen. Es bieten sich hier zudem Besuche in Kompetenzzentren der Künstlichen Intelligenz an, in denen Künstliche Intelligenz erlebbar wird. Schulungen sind ebenfalls eine geeignete Methodik, um Künstliche Intelligenz und deren Funktionsweise zu erklären, wodurch ebenfalls große Hemmnisse reduziert werden. Gerade der Aspekt der Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungsfindung einer KI ist wichtig zu verstehen, wie dies die nachfolgende Grafik zeigt.  Es wird deutlich, dass die Akzeptanz durch den Einsatz von XAI deutlich steigt. 

XAI und Akzeptanz von KI-1

In der Phase der Entwicklung einer KI Strategie und Vision ergibt sich ebenfalls ein großes Potenzial die Akzeptanz positiv zu beeinflussen. Hier gilt es gemeinsam mit Sozialpartnern (Betriebsräten) aber auch Mitarbeitenden die Auswirkungen des KI-Einsatzes zu diskutieren und zu überlegen, wie Mitarbeitende qualifiziert werden können, um für die neuen Arbeitssysteme vorbereitet zu sein. In der Phase der Problemanalyse gilt es, die Prozesse gemeinsam mit den Mitarbeitenden zu analysieren. Durch Einbeziehung der Mitarbeitenden kann sichergestellt werden, dass die richtigen Anwendungsfälle für den Einsatz von KI ausgewählt werden. Dabei kann bereits definiert werden, welchen Entscheidungsumfang die einzuführende KI aufweisen soll: Soll die Entscheidung vollständig autonom getroffen werden? Oder soll die KI nur eine Empfehlung abgeben und der Mitarbeitende entscheidet weiterhin? Die Antwort auf diese Fragen geben uns wichtige Hinweise, wie die KI realisiert werden soll und ob zusätzlich Methoden der XAI zu berücksichtigen sind.

An diese Fragen kann unmittelbar bei der Einführung der KI angeknüpft werden. Die zumeist agile Arbeitsweise der KI-Start-Ups und der Softwareindustrie sind hierzu ideal. Schnell werden erste Prototypen realisiert, die die Funktionsweise der KI veranschaulichen. Diese Prototypen können mit den Mitarbeitenden diskutiert und weiterentwickelt werden, wodurch die Mitarbeitenden unmittelbar an der Entwicklung beteiligt sind. Dies kann motivieren und bietet gleichzeitig die Chance, Bedenken zu äußern. Wichtig ist es, die geäußerten Bedenken ernst zu nehmen, zu thematisieren und nach Lösungen zu suchen. Erfolgt diese nicht, wird die Mitarbeit und Zustimmung der Mitarbeitenden leiden. Einher geht diese menschenzentrierte Einführung von KI mit einem passenden Werteverständnis, der entsprechenden Unternehmenskultur und Datenkultur, wie wir dies in unserem Performance Excellence Framework berücksichtigen. 

Zusammenfassend gilt:

Ja, Künstliche Intelligenz ist disruptiv und es werden sich Berufsbilder verändern oder sogar entfallen. Besonders wichtig ist es, die Mitarbeitenden in genau solchen Berufsbildern an die Hand zu nehmen und für neue Perspektiven zu sorgen. Einerseits in unserer Gesellschaft, aber auch in den Unternehmen, indem dies in der Definition einer KI-Strategie bzw. Digitalisierungsstrategie berücksichtigt wird. Kontraproduktiv wäre es, diese Veränderungen schönreden zu wollen. Haben wir eine klare KI bzw. Digitalisierungsstrategie formuliert, gilt es diese menschzentriert umzusetzen und Mitarbeitende an der Umsetzung aktiv zu beteiligen. 

Haben wir Ihr Interesse geweckt, oder Sie sogar neugierig auf die Entwicklung Ihrer eigenen KI-Strategie gemacht? Vereinbaren Sie gerne mit uns einen Termin.
Termin vereinbaren.

 

Literaturhinweise:
Abel et al. 2019:  Abel, J.; Hirsch-Kreinsen, H. & Wienzek, T. (09.2019), Acceptance of Industry 4.0. 
Final Report on an Exploratory Empirical Study of German Industry.