Christoph Dill Jun 4, 2021 2:12:01 PM Lesezeit 6 Minuten

Eigentum verpflichtet: Eine neue Rechtsform wirbelt die Wirtschaft auf

Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes besagt: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Genau diesem Zweck sollen die von der Stiftung Verantwortungseigentum zugrunde gelegten Grundprinzipien der neuen, zwischenzeitlich zu „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ umbenannten Rechtsform dienen:

„1. Verantwortungseigentum ≠ Vermögenseigentum: Das Vermögen bleibt an das Unternehmen gebunden. 2. Selbstständigkeit: Die Kontrolle des Unternehmens bleibt bei Personen, die dem Unternehmen langfristig verbunden sind. Das Unternehmen ist kein Spekulationsgut.“

Interessanter Gedanke oder echte Antwort? - Dieser und anderen Fragen widmen wir uns wöchentlich in unserer Wissensduschenreihe "Eigentum verpflichtet".

Als Gründungsmitglied der Stiftung Verantwortungseigentum sind wir von lumanaa überzeugt: Die neue Rechtsform ist zukunftsweisend. Warum? Weil wir sie nicht nur wie Armin Laschet für eine „interessante Idee“, sondern vielmehr wie Robert Habeck (beide zu Gast in der live-Diskussion #neuerechtsform der Stiftung Verantwortungseigentum) für eine „echte Antwort“ halten. Auf genau die Fragen, die derzeit (Familien-)Unternehmer*innen wie auch engagierte, zur dauerhaften und umsichtigen Mitgestaltung fähige und willige Menschen in Unternehmen beschäftigen.

Die derzeitige Wertediskussion und Suche nach „Purpose“ und neuem Wirtschaften, neue agile, partizipative und kollaborative Arbeitsweisen u.v.m. – all das weist auf einen Kulturwandel hin: Zunehmend mehr Menschen wollen sich mit dem Unternehmen, für das sie arbeiten, als eine Werte-Gemeinschaft identifizieren, sich ihm ohne die Gefahr der Übernahme durch Investoren dauerhaft verbunden fühlen und Entscheidungen im und für das Unternehmen mittragen. Zum Wohle aller.

Das belegt auch eine aktuelle Allensbach-Studie, durchgeführt im Auftrag der Stiftung Verantwortungseigentum. Sie zeigt: 72% der mittelständischen Familienunternehmen befürworten diese neue Rechtsform. Im Rahmen der Studie wurden 417 mittelständische Familienunternehmen befragt. Die interessantesten Ergebnisse:

  • Mehr als ein Drittel von ihnen (37%) hat den Übergang in die nächste Generation noch nicht geregelt, obwohl in den kommenden Jahren die Nachfolgefrage akut wird.
  • Nur 10% halten einen Verkauf des Unternehmens für ideal.
  • Für 33% wäre ein führender Mitarbeiter eine gute Lösung.

Die Lernkurve bei lumanaa

Nicht nur für diese Unternehmen könnte Verantwortungseigentum eine Option sein, da immer seltener Nachfolgerinnen oder Nachfolger innerhalb der Familie gefunden werden. Auch wir von lumanaa finden: Haben Menschen sprichwörtlich einen Anteil am Unternehmen, ändern sie ihr Verhalten, holen andere Dinge aus sich heraus, zeigen mehr Verantwortung und lassen sich mehr auf Pflichten ein, die sie sonst gerne an andere abgeben – an ihre Führungskräfte, ihre Unternehmensleitungen.

Wie zentral in diesem Sinne die Rechtsform auch für lumanaa sein würde, war uns daher von Anfang an bewusst. Wir diskutierten wochenlang und liebäugelten lange mit Genossenschaft, denn die passte aus unserer Sicht zunächst am ehesten zu dem, was uns antrieb, überhaupt gründen zu wollen: unseren Zielen, Visionen und Werten wie nachhaltiges, auf „gutes Auskommen“ ausgerichtetes Wirtschaften, vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die Mitbestimmung aller:

Um uns dann doch letztlich für eine GmbH & Co. KG zu entscheiden – die wir seitdem zwar noch nicht ganz, aber doch immer mehr nach unseren Vorstellungen mit Leben füllen. Unsere Lernkurve bisher war steil und nicht selten schmerzlich, womit bei all unserer geballten Lebens- und Berufserfahrung wohl niemand gerechnet hatte.

 Unsere (ganz persönlichen) Lessons Learned

Keine Frage: Die Rechtsform eines Unternehmens ist die grundlegende Weichenstellung. Jedes Unternehmen muss aber auch mit Nicht-Erreichbarem und unauflösbaren Widersprüchlichkeiten leben. Vor allem auch mit dem nicht immer einfachen Zusammenwirken von alt und neu. Und so war das auch bei uns. Wir wollten viel, und vieles haben wir umgesetzt. Von manchem mussten wir uns lösen. Was wir auf dem Weg – für uns – gelernt haben?

I: Es braucht einen „Taxifahrer“ für die Orientierung.

II: Ausprobieren, experimentieren, schnell lernen.

III: Kleine Arbeitsteams machen beweglicher.

IV: Nicht alle können und wollen für alles verantwortlich sein.

Wissenswelle „Eigentum verpflichtet“

Eigentum verpflichtet. Eben auch dazu, sich mutig der Realität zu stellen, Angst und Scheitern auszuhalten, schwierige Entscheidungen zu treffen, zu lernen, zusammenzuhalten, wenn es schwierig wird (gerade dann!), für das Ganze zu denken und zu handeln. Deshalb wollen wir uns mit all unserer gemachten Erfahrung ab dem 8. Juni diesem herausfordernden Thema im Wochenrhythmus widmen:

1. „Sharing is caring!“

„Verantwortungseigentum? Totaler Nonsense.“ „So ein Quatsch! Was soll DAS denn sein?“ Antwort: Zunächst einmal eine neue Rechtsform. Aber wie funktioniert sie? Wo macht sie Sinn? Und für wen – und für wen möglicherweise auch nicht? Antworten auf diese Fragen lieferten Juliane Rink und unser Gast Armin Steuernagel, Mitgründer der PURPOSE STIFTUNG, in unserer Wissensdusche vom 08.06. von 08.30-08.50 Uhr, ihr Thema: Was versteht man unter Verantwortungseigentum? Hier geht es zum Videomitschnitt.

2. Kooperativ führen

Ist „kooperative Führung“ Chaos ohne Entscheidung? Nein. Denn nicht alle müssen alles entscheiden oder tun. Aber: Alle denken mit. Bemühen sich um das Beste für alle im Unternehmen und für das Unternehmen selbst. Wie sich Selbstführung und Mitgestaltung anfühlen, wie sie sich mit Unternehmenserfolg vereinbaren lassen und wo dabei die Herausforderungen liegen – und Vieles mehr – haben wir am 15.6. von 08.30-08.50 Uhr in unserer Dusche Wenn alle führen gefragt. Die Expertin ist Claudia Weyrauther. Hier die Aufzeichnung der Wissensdusche.

3. Entschieden entscheiden - Wie funktioniert das?

Nicht jeder kann in alles investieren: In Zeit, in Energie, in Geld. Alles mit allen diskutieren, durch alle „Filter“ gehen, hat oft den Effekt, dass Nicht-Entscheiden zur Entscheidung wird. Das Unternehmen wird träge. Das absolute Gegenteil von agil. Bei lumanaa haben wir gelernt: Um die richtigen Entscheidungen zu treffen, müssen wir auch verantwortlich gegenüber der Gemeinschaft sein. Deshalb haben wir eine Prozess-Struktur mit Prozessverantwortlichen entwickelt. Mehr dazu gab es am 22.06. von 08.30-08.50 Uhr beim Thema Wie funktionieren wir? Das Fallbeispiel lumanaa mit dem Experten-Team Paula Bemmann-Wöschler und Christoph Dill. Hier gibt es die Wissensdusche zum Nachschauen.

4. Potenzial zum Kassenschlager

Navin Mani spricht gemeinsam mit Dr. Julian Hueck von der tink GmbH über dessen Meinung zur Bedeutung von Verantwortung und Eigentum in der letzten Wissensdusche dieser Duschwelle. Hueck hat 2016 sein Start-Up "tink" gegründet und ist damit sehr erfolgreich. Da er aus einer traditionellen Unternehmer-Familie stammt, ist besonders der Vergleich zwischen Traditionsunternehmen und Start-Up sehr interessant! Um dieses Thema geht es am 29.06. von 08.30-08.50Uhr im Gespräch von Navin Mani mit seinem Interviewpartner Dr. Julian HueckAuf die Antworten in dieser vierten Wissensdusche mit dem Thema Zukunftsfähige Geschäftsmodelle darf man gespannt sein. Hier finden Sie die Aufzeichnung der Wissensdusche.

In diesem Sinne wünschen wir allen Teilnehmern einen spannenden Monat Juni mit vielen neuen Impulsen. Hier geht's zur Anmeldung:

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