In Sachen Führung stehe ich den Reden von Führung sei obsolet eher skeptisch gegenüber, jedenfalls in ihrem generalisierenden Duktus. Es ist ja sicher richtig, den veränderten Bedürfnissen der Generationen Y und Z an „anderen“ und neuen Chefqualitäten ernsthaft nachzugehen und zu schauen, was steckt da wirklich dahinter. Und sicher sind undifferenziert paternalistisch gestrickte Führungskräfte entweder Auslaufmodelle oder sie lernen schnell dazu und lassen partizipativ gestalteten Entscheidungsprozessen mehr Raum. Aber warum denn deshalb gleich „Führung“ als solches komplett über den Haufen werfen? Werden Unternehmer von morgen alle Mitarbeitenden an allen Entscheidungen beteiligen und nur das wirtschaftliche Risiko allein tragen? Unwahrscheinlich.
Ist es nicht so, dass auch dann, wenn in Organisationen, Teams, Gruppen die Frage, wer führt, also letztlich auch die Machtfrage formal nicht geklärt ist, diese Frage halt auf informellem Weg eine Antwort findet? Informelle Durchsetzungsstrategien und Leitungsstrukturen sind nicht dafür geeignet, Mitarbeitenden Sicherheit und Orientierung zu vermitteln. Führung soll daher explizit und partizipativ organisiert sein und die unterschiedlichen Sichtweisen der Mitarbeitenden mit einbeziehen.
Eine Führungskraft, die das nicht erkennt, wird wohl nicht mehr lange Führungskraft sein, weil sich so niemand mehr führen lassen will. Und Führung bedeutet auch, Entscheidungen zu treffen und zu verantworten.
Die Herausforderung und die Kunst eines neuen Führungsstils besteht meines Erachtens darin, unterscheiden zu können, welche Entscheidungen auf welche Art zu treffen sind. Es werden Sachverhalte zu entscheiden sein, bei denen ein hoher Grad an Partizipation Sinn macht und andere, wo das weniger der Fall ist. Erfolgreich ist, wer sich mehrere Handlungsoptionen offen lassen kann.