In meine Grübeleien, ob die Gründung eines neuen Unternehmens, mit guten Kollegen zwar, aber immerhin inmitten der Coronakrise, eine gute Idee sei, platzte eines Tages ein ganz allgemeiner Gedanke: Genau in dieser Freiheit liegt doch, bei aller Unsicherheit, die Chance, extrem wendig und selbstbestimmt auf Krisen zu reagieren! Besser das, als „sicher“ an den Mast eines großen Schiffes genau mit diesem unterzugehen. Da sage ich Ihnen vermutlich nichts Neues, aber es selbst so überwältigend zu empfinden, das war für mich persönlich schon neu.
Und dann kam mir noch ein anderes einprägsames Bild: Um Katzen muss man sich wenig Sorgen machen. Wenn sie doch einmal fallen, landen sie selbst nach den ärgsten Verrenkungen sicher auf den Pfoten. Gut gelingen tut ihnen das aus zwei Gründen: Ihr Körper ist verblüffend flexibel, ihre Körperbeherrschung akrobatisch. Und: Um sie herum ist Raum, den sie im Fall für die notwendigen Körperdrehungen nutzen können.
Nun ist riskantes Springen und Fallen, wie Katzen es tun, nicht das, was wir Menschen normalerweise gerne tun.
Im übertragenen Sinn fordern uns Veränderungen aber genau das ab:
uns im „freien" Raum des Neuen, Ungewohnten so zu "bewegen", dass wir gut "landen".
Unsicher fühlen wir uns dabei im Übrigen oft auch dann, wenn wir die Veränderung selbst angestoßen haben. Das kennen Sie vielleicht aus eigener Erfahrung. Mit persönlich ging es mit beinahe allen größeren Lebensentscheidungen so.
Unsicherheit ist wiederum ein Zustand, den die wenigsten von uns wirklich lange gut aushalten. Unsicherheit löst ein unangenehmes Gefühl der inneren Zerrissenheit aus. Je nachdem, wie stark dieses Gefühl ist, wünschen wir uns nicht selten, diesen freien Raum der Möglichkeiten gäbe es gar nicht. Wir suchen nach schneller „Er-Lösung“ und geben uns mit riskanten Scheinsicherheiten, die längerfristig möglicherweise zu einem noch viel „unangenehmeren“ Zustand führen, zufrieden. Hauptsache dieser bedrohliche Freiraum schließt sich wieder und das Gefühl der Unsicherheit lässt nach. Wir nehmen uns damit die große Chance, die eigentlich anstehenden Herausforderungen der Veränderung mit Hilfe unserer Erfahrungen, unserem Einfallsreichtum, unserem Mut und unserem Durchhaltevermögen anzugehen und sie im guten Sinn, passend zu unseren echten Bedürfnissen, zu gestalten.
Wir verengen also willentlich den Raum, der uns zur Verfügung stünde.
Das ist, um in der Metapher zu bleiben, Fallen mit gefesselten Pfoten!
Fällt eine Katze durch einen engen Spalt, ist sie in der gleichen Bredouille wie alle Nicht-Katzen. In dieser eingeschränkten Bewegungsfreiheit kann sie ihre Eigenschaften und Fähigkeiten - ihre körperliche Flexibilität und ihre Körperbeherrschung nicht voll nutzen, ihren Fall nicht so gut steuern und ihr Aufkommen kaum abfedern. Sie fällt wie ein Stein nach unten und landet vermutlich wenig elegant und sicher schmerzlich auf ihrem…naja, jedenfalls nicht auf ihren Pfoten.
Wenn nun aber Veränderungen in der nächsten Zukunft nicht nur unvermeidlich, sondern notwendig werden, für jeden von uns, wie wäre es, wenn wir den unsicheren, freien Raum von Veränderungen nicht mehr meiden würden - weil wir gelernt haben, ihn zu nutzen und auszuloten und uns dabei beglückend lebendig fühlen?
Wenn wir in der Lage wären, Unsicherheit regelrecht zu genießen*?
Sich in der neuen Unsicherheit „einrichten“ und darin eine neue Sicherheit finden. Dieser Gedanke treibt mich um, er entlastet mich, ich kommen dabei zur Ruhe dabei.
Diese Ruhe möchte ich Ihnen gerne für die Adventszeit mitgeben.
P.S.: Wir haben gegründet!
Und noch ein P.S.
Wenn Sie dieser Gedankenansatz* fasziniert: Hier finden Sie dazu einen spannenden Vortrag!