Für ihre Kunden tun es Unternehmen schon: Sie erzählen Geschichten rund um ihr Angebot. In Zeiten des Wandels sind Unternehmen vor allem aber auch auf den Menschen in ihnen angewiesen, der bereit und fähig ist, die anstehenden Veränderungen mitzugestalten und mitzutragen und Innovatives zu entwickeln. Deshalb starten sie mit Hilfe ausgetüftelter Slogans, raffinierter Schlagwörter aber auch „zwingend logischer", sachlicher Zahlen und Fakten Veränderungs- und Innovationskampagnen, die verändern und motivieren sollen – und dennoch irgendwie an den Menschen vorbeigehen.
Denn: Unser Gehirn giert nach Geschichten. Sie lenken und fesseln unsere Aufmerksamkeit gezielter und hallen dauerhafter in uns nach, da sie unser Gehirn umfassender aktivieren. Dadurch machen Geschichten Inhalte nicht nur intellektuell versteh-, sondern auch emotional erlebbar.
Durch Geschichten entstehen stimmige und zusammenhängende Bilder, die den Sinn selbst komplexer Botschaften weitaus überzeugender vermitteln als Zahlen und Fakten. Sie
- transportieren Werte und Haltungen
- lösen Empathie und Emotionen aus
- erzeugen Vertrauen
- schaffen Identifikation
- führen dazu, dass all das langfristig in den Gedächtnissen der Zuhörer hinterlegt wird
Die Anziehungskraft, die von Gründern ausgestrahlt wird, basiert genau hierauf. Sie glühen für ihre Idee und "erzählen" durch ihr Handeln fortlaufend die Geschichte ihres Unternehmens: Seine Entstehung, seine Bedeutung, seine Zukunft. Wer möchte davon nicht Teil sein?
Geschichten lösen Gefühle aus und fördern unsere Phantasie
Eine Kultur des Erzählens in Unternehmen und Teams ist in der Lage, das wertvolle und einzigartige Wissen der Menschen, ihre Erfahrungen, Ideen, Wünsche und Befürchtungen und damit das innovative Potential zu offenbaren. Sie fördert die Bereitschaft, sich Zeit füreinander zu nehmen und gegenseitig zuzuhören, sich ernst zu nehmen und neue Dinge gemeinsam zu entwickeln.
Voraussetzung für eine solche Kultur, in der Führungskräfte wie Mitarbeiter ohne Scheu erzählen können – und vor allem wollen – ist zum einen immer eine Vertrauenskultur. Unter Vertrauenskultur versteht man eine Atmosphäre, in der sich alle Beteiligten ausreichend psychologisch sicher fühlen, um sich aus der sicheren Welt der Zahlen und Fakten heraus zu wagen und sich als Erzähler zu zeigen. Neben einer Vertrauenskultur ist zum anderen auch eine Kommunikations- und Sprachkultur essentiell, in der das Erzählen lebendiger, eindringlicher Geschichten gut eingebettet ist. Das Schaffen einer Erzählkultur ist dabei die Aufgabe der Führungskraft.
Die Führungskraft als Storyteller und Innovationstreiber
Eigentlich sind wir von klein auf begeisterte Erzähler, fantasievolle Fabulierer und gebannte Zuhörer. Diese Begeisterung wird uns im Laufe des Lebens leider oft genommen. Wir lassen das Erzählen hinter uns und gehen mehr und mehr zum Berichten über, der Form des Austauschs, die auch im Berufsleben gefordert ist. Denn in vielen Unternehmen herrscht eine bereinigte, nüchterne und faktenorientierte Sprach- und Kommunikationskultur, die unsere emotionale und lebendige Sprache des Erzählens ins Privatleben verbannt und damit auch die Dinge, die wir nur mit dieser Sprache ausdrücken können: Unsere Wünsche und Hoffnungen, unseren Kummer und Ärger, aber auch unsere Meinungen und Ideen.
Dafür, dass Erzählungen und ihre Sprache in der Kultur von Unternehmen ihren notwendigen Platz erhalten – für das Unternehmen und zum Wohle der Menschen darin – können Führungskräfte viel tun. Sie können dabei die Rolle...
- ...des Erlaubers verkörpern, der Blockaden löst und Neues ermöglicht.
- ...des Erzählers einnehmen, der in Vorlage geht und nach seinen Möglichkeiten Anstöße dafür gibt, was gutes Erzählen ausmacht.
- ...des Entwicklers darstellen, der ein Lernklima schafft, in dem alle ihre Lust am und ihre Fähigkeiten für das Erzählen entdecken und nutzen lernen.
Führungskräfte sind dabei als Vorbilder gefragt, wenn es um die zwei wesentlichen Fragen des Erzählers geht:
- Was will ich sagen?
- Wie sage ich es am wirksamsten?
Für gutes Erzählen sind dabei zwei scheinbar widersprüchliche Fähigkeiten notwendig: Denkerische Klarheit & sprachliche Disziplin und Kreative Wildheit & entspannte Intuition.